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Pädagogin und Baumkinderautorin.

Was ist Fenkid?

Kurze Themeneinführung und Interview mit Uta Beyer

Fenkid - ein alternatives Eltern-Kind-Angebot

Als ich mit meinem zweiten Kind schwanger war, hatte ich mir vorgenommen, die Elternzeit bewusst zu gestalten und zu genießen. Moment: hatte ich mir das nicht schon bei meinem ersten Kind als Ziel gesetzt? Zumindest hatte ich es da schonmal geschafft, die Schwangerschaft intensiv wahrzunehmen: Fotos von der zum Teil wöchentlichen Veränderung meines wachsenden Bauchs, bewusste Vorsorge durch Hebamme und Geburtshaus sowie Schmökern in diversen Büchern zum Thema frühkindlicher Entwicklung, Gesundheit und Erziehung. Doch dann wurde ich Mama und alles um mich herum anders. Der Tag war voll mit der Suche nach Antworten auf Fragen unseres Neugeborenen, die ich zum Teil gar nicht verstand. Alles war neu und unbekannt und ich musste feststellen, dass ich gar nicht so viel unternehmen und an Kursen teilnehmen konnte, wie ich mir das zunächst vorgestellt hatte.

Beim zweiten Kind wollte ich also erneut Anlauf nehmen, die Elternzeit bewusst zu gestalten und meinem Kind genügend Input zu geben. Wusste ich doch jetzt gut, wie ich mit einem so frischen Menschen umzugehen hatte, wie ich wickeln und abhalten kann, wie stillen funktioniert und was ich im Rahmen gesundheitlicher Fürsorge für meine Kinder möchte. War jetzt Platz für all die vielen Kurse? Fehlanzeige. Irgendwie war auch jetzt die „freie Zeit“ knapp bemessen, schließlich hatte ich nun auch noch ein großes, dreijähriges Kind. Die Zerreißprobe zwischen den unterschiedlichen Bedürfnissen dieser beiden kleinen Menschen war oft schwer aushaltbar. Schließlich war bei meinem großen Kind neben der Freude über das gewünschte Geschwisterchen auch die Welt komplett auf den Kopf gestellt worden. Wofür wollte ich mir also Zeit nehmen?

Über eine Freundin erfuhr ich von FenKid. Bis dato kannte ich nur Pekip, musikalische Früherziehung, Babyschwimmen oder andere sportliche Aktivitäten. Mich letztlich jedoch für FenKid zu entscheiden, war das Beste, was ich tun konnte, denn es vereinte genau das, was ich mir für mein zweites Kind und mich vorgestellt hatte und holte mich genau da ab, wo ich stand – jede Woche aufs Neue.

Kinder wollen gesehen und liebevoll angenommen werden, wie sie sind. Wir Eltern nicht weniger. FenKid möchte beides.

Was erwartet euch?

FenKid ist die Abkürzung für Frühe Entwicklung von Kindern begleiten und die Bezeichnung für eine bestimmte Form angeleiteter Eltern-Kind-Kurse, die einem bindungsorientierten Konzept folgen. Es möchte uns als Eltern dabei unterstützen, unsere Kinder feinfühlig, verständnisvoll und geduldig durch die Kleinkindzeit zu begleiten und dabei uns selbst mit unseren Bedürfnissen und Erwartungen nicht außer Acht zu lassen.

FenKid arbeitet nach den pädagogischen Konzepten von Emmi Pikler und Maria Montessori, der Bewegungslehre Elfriede Hengstenbergs und dem beratenden Ansatz des Familientherapeuten Jesper Juul (Draxler/Koch 2017: 10).

In wöchentlichen Kursstunden treffen Kinder des annähernd gleichen Lebensmonats in einer für sie entsprechend anregenden Umgebung aufeinander. Bei den verwendeten Spielmaterialien wird auch besonderer Wert auf Schadstofffreiheit gelegt, sodass Spielzeug aus Plastik beispielsweise kaum genutzt wird (Draxler/Koch 2017: 69). FenKid richtet sich dabei an Eltern mit ihren Kindern im Alter von zwei Monaten bis zur Vollendung des dritten Lebensjahres.

Jede Stunde folgt einem genauen Ablauf, um den Aufbau einer vertrauten Umgebung zu fördern. Das ist entscheidend, um den Kleinkindern genug Sicherheit für Exploration und Experimentieren zu bieten. Wenn anfänglich alle Kinder mit Namen begrüßt wurden – bei der von mir besuchten Gruppe geschah das durch ein bereits für die Kleinsten gut einprägsames Lied – folgt eine Zeit des wertfreien Beobachtens. Wir Eltern sind dabei eingeladen, unseren Blick von uns selbst bewusst auf unser Kind zu richten und einfach nur zu beobachten, ohne irgendeine Art von Vergleich anzustreben. Diese Zeit, in der wir unsere Kinder im freien Spiel betrachten, hilft nicht nur, unsere Wahrnehmung der Bedürfnisse unseres Kindes zu schulen (Draxler/Koch 2017: 11), es sorgt gleichzeitig für eine ganz eigene Art von Freude. Eine Freude, die frei ist von Erwartungen, Maßstäben und Entwicklungsvorgaben, was ein Kind zu welchem Zeitpunkt können sollte.

In dem von mir besuchten Kurs folgte dem Beobachten eine Zeit des gemeinsamen Singens. Singen ist sowohl eine wunderbare Möglichkeit, unsere Kinder zu beruhigen als auch zu stimulieren, je nachdem welchem Rhythmus und welcher Melodie wir folgen. Besonders Lieder, die gleichzeitig bestimmte Bewegungen beinhalten, sorgen bei vielen Kindern für unübersehbare Freude (Draxler/Koch 2017: 35). Und es ist ganz gleich, in welcher Qualität wir als Eltern singen: unsere Singstimme erreicht den ältesten Bereich des Gehirns und vermittelt unserem Baby damit ein Gefühl der Sicherheit (Draxler/Koch 2017: 35).

Den abschließenden Teil einer FenKid-Stunde stellt der wertschätzende Impuls durch die kursleitende Person dar, in dem zum einen über die Bewegungs- und Persönlichkeitsentwicklung informiert wird. Zum anderen werden Aufgaben, Herausforderungen und Fragen der Eltern thematisiert, stets in der Empathie für jede und jeden Einzelnen. FenKid glaubt an die innere Kraft eines jeden Elternmenschen und daran, dass wir alle gewillt sind, unser Bestes für unsere Kinder zu geben. 

Da FenKid als bindungsförderndes und präventives Angebot gilt, bezuschussen manche Krankenkassen die entstehenden Kosten. Erkundigt euch dazu einfach bei der für euch oder euer Kind zuständigen Krankenkasse. Ob ein FenKid-Kurs auch in deiner Nähe stattfindet, kannst du hier nachlesen.

Wer möchte, kann mir nun in ein Gespräch mit Uta Beyer folgen, ausgebildeter Fenkid-Kursleiterin aus Chemnitz, die bereits seit 13 Jahren zahlreiche Fenkid-Kurse anbietet. Vielleicht hilft es dem einen oder der anderen in der Entscheidungsfindung, welcher Kurs für euch und euer Kind der richtige ist.

Interview mit Uta Beyer

Uta, was ist für dich Fenkid?

Uta Beyer: Fenkid ist für mich eine geleitete Eltern-Kind-Gruppe, die den Kindern eine Möglichkeit gibt, mit ihresgleichen zusammen zu kommen und miteinander zu interagieren. Gleichzeitig ist es für die Eltern eine wichtige und wertvolle Gelegenheit des Austauschs und Kennenlernens. Einfach zu sehen: da gibt es Menschen, die sind in der gleichen Lage oder Situation wie ich. Ich erlebe oft, dass es etwas ausmacht, wenn es untereinander Tipps und Ratschläge gibt oder auch einfach nur den Zuspruch: das kenne ich, das ist bei mir genauso.

Also ist im Fenkid beides gleichwertig – sowohl das Erleben für die Kinder als auch der Austausch für die Eltern?

Uta Beyer: Genau. Schön ist zudem, dass die Kinder ungezwungen sein können. Sie können sich frei bewegen, krabbeln, klettern oder auch nicht. Es gibt keinen Zwang, etwas zu tun. Ich habe wirklich den Eindruck, dass das die Kinder spüren. Für die Eltern ist es eine Möglichkeit, Dinge neu zu entdecken und manchmal auch dazuzulernen oder auch bestätigt zu werden, im eigenen Erziehungsverhalten oder Zusammenleben in der Familie. Auf diesem Weg Bestätigung zu erfahren, ist für viele hilfreich, um auf ihrem Weg zu bleiben und bei dem, was sie intuitiv für sich und ihre Familie als richtig empfinden.

Von älteren Generationen fühlen sich viele oftmals nicht verstanden und sehen ihre Kompetenz als Eltern in Frage gestellt.

Uta Beyer: Ja, die Meinungen gehen zu weit auseinander und dann ist es wichtig, Stärkung im eigenen Eltern-Sein zu erfahren. Auch wenn ich damit nicht sagen möchte, dass wir nicht von den älteren Generationen lernen können, aber die vielen Beeinflussungen, sei es von Verwandten oder all den zahlreichen Ratgebern, erschweren manchmal mehr, als dass sie helfen.

 

Was hat dich motiviert, selbst Fenkid-Leiterin zu werden?

Uta Beyer: Motiviert hat mich meine eigene Tochter. Als sie vor 14 Jahren geboren wurde, hatte ich das Gefühl, dass keines der Kleinkind-Angebote wirklich zu uns passt. Ich hatte einen Kurs besucht, in dem es oft so war, dass die Kinder sehr zur Aktivität animiert wurden beziehungsweise dazu, das Gleiche zu tun. In einer Stunde wurde beispielsweise ein Planschbecken in die Mitte gestellt und alle Babys, ob sie wollten oder nicht, auf den Rand gelegt, damit sie mit ihren Händen planschen können. Ich schätzte zwar den Austausch, aber es hat mich gestört, dass es so gesteuert war und somit auch zu wenig Freiraum für die Kinder blieb. Zudem herrschte so ein Wettbewerb unter den Müttern, dass ich mich nicht wohlfühlte.

Dann hast du begonnen, nach Alternativen zu suchen?

Uta Beyer: Richtig. Dabei ist mir Fenkid ins Auge gefallen und es hat mich sofort angesprochen. Dieses Konzept der Gleichwürdigkeit gegenüber den Kindern und Eltern und sich wirklich mit Respekt zu begegnen – die komplette Fenkid-Philosophie war für mich stimmig. Da es Fenkid allerdings nicht in unserer Region gab, habe ich mich kurzerhand entschlossen, eine Ausbildung zur Kursleiterin zu machen und bin mit meiner neun Monate alten Tochter und meinem Mann nach München gefahren. Ich war vom ersten Moment an begeistert und bin es immer noch, weil es ein so lebendiges Konzept ist, das stets weiterentwickelt wird. Ich erlebe auch so einen Aufbruch in der Erziehungslandschaft und genau dafür ist Platz im Fenkid.

Was das Fenkid-Konzept noch ausmacht und mich motiviert hat, ist das Prinzip des wertfreien Beobachtens. Kinder zu sehen, wie sie wirklich sind und sein zu lassen, ganz entgegen unserer Angewohnheit, sie miteinander zu vergleichen. Diesen Grundpfeiler der Fenkid-Philosophie empfinde ich als wunderbar, sehr fortschrittlich und menschlich zugleich. Die wertfreie Beobachtungszeit der Kinder stellt ein Kernelement jeder Fenkid-Stunde dar: sich mit ganzer Konzentration und Achtsamkeit darauf einzulassen, den Kindern zuzuschauen, sie anzusehen und ein bisschen tiefer zu gucken. Es geht darum, nicht nur das oberflächliche Verhalten zu sehen, sondern auch das, was sich gerade entwickelt, wofür sich mein Kind aktuell interessiert und was sich im Hintergrund in den kleinen Körpern und Köpfen abspielt. Das empfinde ich als sehr wertvoll und lehrreich. Zudem vertiefen diese Erfahrungen die Beziehung zwischen Eltern und Kind. Das Miteinander wird respektvoller und feinfühliger.

Was ist wichtig für eine richtige Fenkid-Atmosphäre? Was braucht es dazu?

Uta Beyer: Fenkid ist eine Atmosphäre von Gelassenheit, Respekt und vielleicht auch ein bisschen Disziplin. Wenn ich insbesondere an die Beobachtungszeit denke, dann ist es wichtig, dass Ruhe ist. Die Eltern können natürlich mit ihrem Kind kommunizieren, aber Nebengespräche unter den Erwachsenen sollten nicht sein.

Und es ist eine Atmosphäre von Freiheit, von der ich überzeugt bin, dass die Kinder diese sehr deutlich spüren. Sie werden nicht gezwungen, sich auf irgendeine Art und Weise zu verhalten. Die Kinder dürfen frei ihren Impulsen nachgehen. Selbst wenn sie die ganze Stunde bei ihrer Mama oder ihrem Papa auf dem Schoß sitzen würden, wäre das in Ordnung. Aus Erfahrung weiß ich, dass das vielleicht ein, zwei Mal so ist, aber das Kind dann irgendwann losgeht. Es interessiert sich, robbt und krabbelt in den Raum. Eine solche Atmosphäre zu schaffen, ist mir ein großes Anliegen, denn es befreit nicht nur die Kinder, sondern auch die Erwachsenen.

Eltern fühlen sich oft auf irgendeine Weise gehemmt, das zu tun, was ihr eigener Impuls ist. Zum Beispiel wenn sie spüren, dass das eigene Kind in dem Moment braucht, bei ihnen zu sitzen und zu beobachten und nicht aktiv den Raum zu erkunden. Genau dann wird eben nicht erwartet, dass das Kind wiederholt versucht wird, in den Raum hineinzuschieben. Das entlastet die Eltern und somit automatisch auch die Kinder.

Ich merke auch immer wieder den Unterschied zwischen Eltern, die bereits zum wiederholten Male zum Fenkid kommen und denen, die dieses Konzept zum ersten Mal erleben. Erfahrene Eltern lehnen sich mehr zurück und lassen die Kinder gewähren in jeglicher Hinsicht. Die Atmosphäre verändert sich wie gesagt im Laufe der Zeit und wird stetig ruhiger – harmonisch. Auf eine bestimmte Art speziell…

Baumkinder: Auf jeden Fall! Deswegen lag mir diese Frage auch so oben auf. Ich selbst habe es als eine ganz besondere Atmosphäre empfunden, die ich jede Woche aufs Neue genossen habe. Denn es ist wirklich so, wie du es beschreibst: es ist eine sehr entspannende und befreiende Atmosphäre. Es ist alles gut, so wie es ist und ich kann die Gegenwart mit meinem Kind einfach genießen und annehmen. Beobachten. Ich muss danach nichts bewerten, nichts einordnen oder irgendwie am Ende meine Zusammenfassung des Vormittags geben.

Uta Beyer: Genau, vielleicht ist es das. Wir haben in der Kreativen Leibtherapie einen Grundsatz, der heißt: Würdigen was ist. Und das trägt letztendlich auch das Fenkid: das würdigen, was gerade ist und nicht, weder bei sich selbst noch bei dem Kind, irgendetwas erzwingen.

Du bereitest für jede Altersgruppe der teilnehmenden Kinder den Raum individuell vor. Woran orientierst du dich beziehungsweise was ist dir dabei wichtig?

Uta Beyer: In erster Linie orientiere ich mich natürlich an den Fortschritten der Bewegungsentwicklung der Kinder. Denn es macht einen Unterschied, ob die Kinder noch in einem sehr jungen Alter sind und erstmal nur schauen, sich vielleicht auf die Seite rollen oder auf dem Bauch hin und her wiegen. Oder aber ob sie bereits klettern wollen und motorische Herausforderungen suchen. Dafür nutze ich gerne die Pikler-Dreiecke mit ihren Leitern und Rutschbrettern, die man auf unterschiedlicher Höhe anbringen kann. Die finde ich sehr praktikabel und schön. Ebenso eignen sich Polster oder Matratzen zum Hochklettern.

Weiterhin hat es mit der Entwicklung des Spiels an sich zu tun und der Gesamtentwicklung der Kinder auch in Hinblick auf ihre geistige Entwicklung. Welche Spielzeuge oder Gegenstände bevorzugen sie? Am Anfang sind es mehr die kleinen Dinge, die sie greifen können und die Geräusche verursachen, oder Tücher. Die Beratungsstelle für Natürliche Geburt in München, aus der auch die Gründerinnen des Fenkid kommen, betreibt seit ein paar Jahren eine Nähstube und stellt explizit Spielzeug für Fenkid her, das ich ebenfalls sehr schön finde. Später kommen Bälle dazu. Die kann ich nur anfangs nicht ins Spiel bringen, weil es für die Kinder eher frustrierend wäre, wenn sie sich noch nicht fortbewegen können und sie ständig wegrollen. Oder aber ich binde etwas an die Bälle ran, so dass sie liegen bleiben.

Es ist aber nicht immer alles anders, sondern auch vieles, das gleich bleibt?

Uta Beyer:  Ja, das entspricht auch einem Prinzip des Fenkid, den Kindern Geborgenheit und Sicherheit zu geben. Dazu gehört, dass die Kinder, wenn sie kommen und den Raum sehen, einiges wiedererkennen. Die Eltern sitzen auch immer am selben Platz. All das erhöht unser Geborgenheitsgefühl. Aber das, was sich ändert, orientiert sich an der „vorbereiteten Umgebung“, die aus der Montessori-Pädagogik entlehnt ist.

Der Kurs besteht aus drei großen Teilen

Baumkinder: Du hattest vorhin bereits angeschnitten, dass der Kurs aus drei großen Teilen besteht: dem wertfreien und stillen Beobachten der Kinder, dem gemeinsamen Singen und einem kurzen Input für die Eltern zu verschiedenen Themen rund um den Alltag mit Kleinkindern oder anderweitigen Eltern-Themen. Gibt es etwas, das du von diesen unterschiedlichen Teilen besonders magst?

Uta Beyer: Zunächst würde ich gerne noch um einen Part ergänzen. Am Anfang steht immer noch der Austausch unter den Eltern. Und ich denke, das ist auch ein sehr wichtiger und nicht zu unterschätzender Teil der gemeinsamen Zeit.

Aber sonst gibt es nichts, was ich hervorheben würde. Ich finde das Gesamtkonzept gut, diese verschiedenen Elemente sind alle wichtig. Anfangs hatte ich bspw. nicht gedacht, dass das Singen so einen hohen Stellenwert kriegen könnte. Das lag aber vielleicht auch daran, dass das mein „Schwachpunkt“ war. Ich bin nicht die große Sängerin, aber ich muss sagen, dass es mir Spaß macht und ich es schön und wichtig finde. Denn es geht ja auch nicht um den Anspruch von Perfektion, sondern um die Freude. Besonders mag ich hier auch das Anfangslied, bei dem jedes Kind drei Mal seinen eigenen Vornamen hört. Es ist schön, genannt zu werden, den eigenen Vornamen zu hören, denn den erkennen Kinder schon relativ früh.

Aber doch, wenn du mich so fragst: das wertfreie Beobachten empfinde ich als Kernstück und als ganz ganz ganz besonders. Das ist mir sonst noch nie auf irgendeine Weise begegnet.

Du hast mit vielen verschiedenen Materialien und Spielzeugen zu tun. Was macht deiner Meinung nach ein gutes Spielzeug aus?

Uta Beyer: Zunächst denke ich auch, dass das Material an sich eine große Rolle spielt. Es macht einen Unterschied, ob ich ein nachhaltiges Material wie Holz oder natürliche Stoffe, wie Baumwolle oder Filz benutze, oder Dinge, die ausschließlich oder zu einem großen Anteil aus Plastik sind – sowohl vom Umweltaspekt aus als auch in Hinblick auf die Kinder selbst. Sie haben es in der Hand und fühlen es und da ist es fraglos ein Unterschied, etwas aus Holz in der Hand zu halten, also einen lebendigen, gewachsenen Stoff oder totes Plastik. Und es ist natürlich der Aspekt der Schadstofffreiheit. Im Fenkid wird beispielsweise darauf geachtet, dass die Kinder die Spielmaterialien bedenkenlos und uneingeschränkt in den Mund nehmen können.  

Weiterhin finde ich die Funktionalität wichtig, in dem Sinne, dass das Spielzeug viel Freiraum lässt und variabel benutzt werden kann. Es sollte in seiner Verwendung nicht zu festgelegt sein, sowohl für junge als auch für ältere Kinder. In den Kursen habe ich schon oft beobachtet, wie variabel kleine Kinder mit allem Möglichen umgehen. Sie haben ja auch noch gar kein Konzept, wofür irgendein Gegenstand da ist. Kinder benutzen viele Dinge sehr unkonventionell. Sie haben nicht den Plan im Kopf, wie wir ihn als Erwachsene haben. Zum Beispiel ist eine Schüssel für uns da, um sie auf den Tisch zu stellen, um etwas reinzutun, vielleicht etwas daraus zu essen oder eben als Behältnis für etwas zu benutzen. Kinder machen alles damit. Sie stapeln sie mit anderem übereinander, sie setzen sie sich auf den Kopf, nehmen sie in den Mund und so weiter.

Das Spielzeug sollte daher einfach sein. Einfach in dem Sinne, dass es für die Kinder einfach zu durchschauen ist. Sie lernen ja damit. Spielsachen und Gegenstände gehören zur Umwelt des Kindes dazu, die das Kind spielerisch kennenlernt und darüber für sich begreift. Oftmals auch mit dem ganzen Körper: mit dem Mund, mit den Händen oder eben tatsächlich dem ganzen Körper, denn sie legen sich ja auch glatt mal auf etwas oben drauf. Ich glaube, dass der Lerneffekt sogar am größten ist, wenn das Spielzeug so einfach und so wenig wie möglich festgelegt ist, sodass die Kinder mehreres damit machen können. Besonders für ältere Kinder finde ich es zudem wichtig, dass das Spielmaterial flexibel ist, wie bspw. solche Systeme, wie ihr es auch mit dem Bausteinsystem entworfen habt. Die Fantasie und die Kreativität der Kinder sollten angeregt werden und das geht besser, wenn die Sachen einfach und variabel sind.

Das Spielen unserer Kinder positiv zu begleiten, ist oft gar nicht so einfach. Was würdest du Eltern diesbezüglich mit auf den Weg geben?

Uta Beyer: Ich denke, es gibt grundsätzlich zwei Aspekte der Begleitung. Das eine ist, nicht zu viel in das Spiel der Kinder reinzureden und sie wirklich tun zu lassen. Mit guten Ratschlägen, Ideen oder Lösungen sollten wir uns zurückhalten. Manchmal bedeutet das auch aushalten zu können, dass Kinder hundert Mal das Gleiche spielen oder fünf Mal versuchen, den Turm aus Bällen zu bauen und er immer wieder umfällt. Denn das Beeinflussen und Belehren wollen, nimmt den Kindern die Freude. Und wir nehmen ihnen den Stolz und die Freude darüber, etwas selbst bewerkstelligt zu haben.

Das andere ist, mit den Kindern zusammen zu spielen. Und auch da finde ich es gut, wenn wir als Erwachsene nicht die Führung übernehmen, sondern diese klar beim Kind zu lassen, selbst einzutauchen in das Spiel. Manchmal fällt es uns ja schon schwer, überhaupt zu spielen, weil wir denken, dass wir Wichtigeres zu tun haben. In unserem Kopf ist eine lange Liste, mit dem, was es noch zu erledigen gilt und irgendwie stimmt das ja auch. Gleichzeitig ist es so eine wundervolle Erfahrung, in das Spiel der Kinder einbezogen zu werden und richtig einzutauchen. Zudem stärkt es auch die gemeinsame Bindung und verbessert die Qualität der Beziehung. Das Vertrauen der Kinder erhöht sich uns gegenüber. Vielleicht gibt es noch viele andere Möglichkeiten das Spiel zu begleiten, aber das ist das, was mir spontan am wichtigsten erscheint.

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